Jahrelang beklagten sich Angestellte darüber, dass sie für Kollegen oder Vorgesetzte nach Feierabend oder im Urlaub erreichbar sein mussten. Das Phänomen gibt es zwar noch, aber sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Arbeitnehmern ist das Bewußtsein für den Wert einer ungestörten Erholungszeit gestiegen, nicht zuletzt dank des Siegeszugs des Begriffs „Work-Life-Balance“.
Während die Klagen von Menschen mit angestellter Tätigkeit über Stress im Urlaub rückläufig sind, gibt es eine andere Gruppe, die oft gar nicht wagt, an Urlaub zu denken: die Selbständigen. Dabei ist ihr Anteil an der erwerbstätigen Bevölkerung ist im letzten Jahrzehnt überproportional gestiegen, vor allem der Anteil der Solo-Selbständigen und Freiberufler.
Bei Ihnen ist Nichterreichbarkeit ganz besonders verknüpft mit existentiellen Befürchtungen. Die Folge: sie glauben, sich keine Auszeit erlauben zu können. Aus dem ständigen Standby-Modus, in dem Selbständige sich befinden, resultiert schnell eine besondere Form des Workoholismus.
Selbständige haben oft keine klare Trennung zwischen Arbeitszeit und Freizeit
Unter den Selbständigen sind es besonders die Freiberufler, die „ständig und selbst“ arbeiten. Sie glauben, unabkömmlich im Job zu sein. Schliesslich hat für sie ja auch die Arbeitswoche regelmäßig mehr als 40 Stunden. Wenn Angestellte in Urlaub fahren oder sich an Wochenenden oder Feiertagen erholen, bleibt Freiberuflern und kleineren Selbständigen Zeit, ihre Ablage zu machen, vielleicht die Steuererklärung oder das nächste Angebot zu kalkulieren. Oder die Social Media Kanäle zu pflegen. Und bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit pro Woche von 45 bis 65 Sunden fällt die Umstellung auf ′Erholung′ schwer.
Umdenken beginnt oft erst in der Krise
Anstatt das geflügelte Wort ′Sein eigener Chef sein′ wörtlich zu nehmen und auch das eigene Arbeitsleben so zu gestalten, dass das persönliche Wohlbefinden nicht zu kurz kommt, sind Selbständige in vielen Fällen auch ihre schlimmsten Antreiber, das ist meine Erfahrung. Familie und Freizeit kommt In den ersten Jahren der Selbständigkeit in der Regel immer zu kurz und die Qualität der persönlichen Arbeitswelt wird meist erstmals hinterfragt, wenn bereits erste ′Opfer′ zu beklagen sind, in Form von Beziehungskrisen, Scheidung oder gesundheitlichen Einschränkungen. Die treffen einen ganz gerne dann auch genau dann, wenn man sich eigentlich Erholung ′befohlen′ hat.
Nicht ohne Grund gehören Themen wie Zeit- und Selbstmanagement zu den häufigsten Anliegen, sowohl im Business Coaching als auch im privaten Coaching. Und wer meint, ein gutes Zeitmanagement zu haben, weil er viel schafft, hat noch lange kein gutes Selbstmanagement. Beugen Sie drohendem Workoholismus und Burnout vor.
Präventiv handeln – Urlaub beginnt im Kopf
Es gibt viele gute Gründe, die dafür sprechen, sich im Sommer eine Auszeit vom Job zu gönnen und wegzufahren, Abstand vom Alltag zu gewinnen und ganz unbeschwert neue Eindrücke zu gewinnen. Aber um wirklich langfristig leistungsfähig zu bleiben, müssen gerade ′Höchstleister′ wie Selbständige und Freiberufler lernen, sich auch ausserhalb des Urlaubs zu regenerieren. Die Stichworte heissen Psychohygiene, sinnesspezifische Anwesenheit, Regeneration und Vitalisierung und sie können mittels einfacher Methoden trainiert werden.
So kann zum Beispiel tägliche Meditation helfen, die Gedanken zu beruhigen und innere Klarheit und Tiefenentspannung zu verschaffen. Verzichten Sie auf Multitasking und seien Sie lieber vollständig sinnesspezifisch anwesend bei dem, was Sie gerade tun. Das gilt auch für die Zeit, die Sie mit Partner und Familie verbringen. Sinnesspezifische Anwesenheit ist ein essentieller Bestandteil der persönlichen Psychohygiene. Eine weitere Methode für den Erhalt der täglichen Leistungsfähigkeit ist z.B. auch das ′Power-Napping′. Studien haben auch nachgewiesen, dass die Leistungsfähigkeit des Gehirns diese Methoden ansteigt.
In Zusammenarbeit mit einem professionellen Coach können Sie übrigens auch Ihre ganz persönlichen Stressoren lernen zu identifizieren und aufzuarbeiten. Denn Dauerstress schadet nicht nur Herz und Kreislauf, sondern macht uns vergesslich und unkreativ und verhindert, dass wir neue Eindrücke aufnehmen und verarbeiten. Für einen Unternehmer, der selbst sein wertvollstes Kapital ist, unverantwortlich.
Und wenn dann der wohlverdiente Urlaub wirklich in die Tat umgesetzt wird, können Sie ihn dank positiver erlernter Einstellungs- und Verhaltensweisen auch garantiert geniessen.